Parlamente und Parlamentarismus in Europa

Parlamentarismus und Parlamentarisierung sind Ergebnisse transnationaler und interdependenter politischer Transferprozesse. Mit ihrem Forschungsschwerpunkt »Parlamente und Parlamentarismus in Europa« trägt die KGParl dieser Tatsache Rechnung. Dabei wird das Ziel verfolgt, bisherige Forschungen der KGParl zum deutschen Parlamentarismus um eine europäisch-vergleichende Perspektive zu erweitern. Damit verbunden ist eine thematische Konzentration auf die Entwicklung parlamentarischer Kultur(en) in Europa. Es gilt, durch vergleichend-systematisierende Untersuchungen Symbole, Rituale und Kommunikationsformen der Parlamente Europa auszuwerten und damit das Potential symbolischer Kommunikation auszuloten. Der Forschungsschwerpunkt knüpft also explizit an anthropologische und kulturgeschichtliche Fragestellungen an.
Ein europäisches Thema mit vergleichenden Fragen kann sinnvollerweise nur in Kooperation mit europäischen Forschungsinstituten untersucht werden. Dies geschieht vor allem mittels internationaler wissenschaftlicher Konferenzen. So initiierte die KGParl die Konferenzserie »Parlamentarische Kulturen in Europa im historischen Vergleich«. Dabei wurden Themen aufgegriffen, die sich ausgehend vom Vergleich für die Diskussion von Grundsatzfragen eignen: »Das Parlament als Kommunikationsraum«, »Lebenswelten von Abgeordneten in Europa«, »Das ideale Parlament« sowie »Antiparlamentarismus und Parlamentarismuskritik«.

Die ausgehandelten Revolutionen. Politische Kommunikation in Parlament und Öffentlichkeit beim Umbruch zur Demokratie in Spanien und Polen

Im Zentrum des Buches steht die politische Kommunikation in den Parlamenten und in der Öffentlichkeit Spaniens und Polens. Ähnlich wie in Spanien während der Transición nach Francos Tod 1975 war der Weg zur Demokratie 1989 in Polen politisch gefährdet. Welche Funktionen besaß politisches Sprechen am Ende der Diktatur – zu einer Zeit, in der das Alte noch nicht ganz verschwunden war und sich das Neue noch nicht ganz etabliert hatte? Wie kommunizierte, stritt und kämpfte man, als den Akteuren bewusst wurde, dass der Übergang zur Demokratie nur gemeinsam bewältigt werden konnte?

In der transnationalen Perspektive des Autors werden unerwartete Analogien, Verbindungen und Verflechtungen zwischen den Demokratisierungsprozessen in Spanien und Polen sichtbar.

Von
Reihe
Parlamente in Europa, Bd. 7 / Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus u. der politischen Parteien, Bd. 183
Erscheinungsjahr
Sprache
Deutsch
Seiten
420
Format
Klappenbroschur
Preis
49,80 €
ISBN
978-3-7700-5351-3
Buchbestellung über den Droste Verlag

Das Forschungskonzept geht davon aus, dass Gemeinsamkeiten, die im Wesen des Parlamentarismus liegen, auch jenseits einer verfassungs- und politikgeschichtlichen Dimension zu erkennen sind und letztlich politische und kulturelle Prozesse erklärbar machen. Auf der anderen Seite muss das Konzept und die Vorannahme einer gemeinsamen parlamentarischen Tradition sich auch immer wieder in Frage stellen, mit anderen Worte: Es gilt, auch die Unterschiede, ihre Wurzeln und Auswirkungen zu beachten. Besonders zu betrachten ist die oft konstatierte Vorbildfunktion sowohl des englischen Parlaments als »mother of parliament« als auch des französischen Parlamentarismus als Geburtsort der Gewaltenteilung.

In diesem Zusammenhang ist es ein Anliegen der Kommission, nicht nur die besser erforschten westeuropäischen Parlamente, sondern auch die der Nationalstaaten Ostmitteleuropas und deren Vorgeschichte in den multiethnischen Großstaaten des 19. Jahrhunderts einzubeziehen. Immerhin kann – um ein Beispiel zu nennen – auch das ungarische Parlament auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblicken – freilich mit einer anderen neuzeitlichen Entwicklung als das britische Vergleichsbeispiel.

In der Zukunft sollen zudem die vergleichende Parteiengeschichte, die Geschichte der Wahlen und Wahlkämpfe, sowie das Europaparlament mit seiner besonderen Struktur und Kommunikationssituation in die Forschungen miteinbezogen werden.

 

Laufende Projekte

Tobias Kaiser »Praxisfragen und Grundsatzdikussionen im Europäischen Parlament. Eine Kommunikationsgeschichte der CD/EVP-Fraktion von der Gründung 1952/1953 bis zur Professionalisierung mit und nach der Direktwahl 1979«

Andreas Schulz: »Theater der Illusionen. Parlamentarismuskritik in Deutschland und Frankreich«

Tobias Kaiser: »Gewalt und Parlament in Europa – Schutz eines ›heiligen Ortes‹. Eine international vergleichende Studie zur ›Parlamentarischen Polizeigewalt‹«

 

Kontakt: Tobias Kaiser